Vorgehen beim Patienten mit Dysphagie

Sep 29, 2021
admin
Tabelle II.
Erkrankungen der Speiseröhrenschleimhaut Magenösophageale Refluxkrankheit (peptische Striktur)Eosinophile ÖsophagitisSchatzki-Ring/SpeiseröhrenstegeTumore der SpeiseröhreVerletzungen durch Ätzmittel (z.B., Laugeneinnahme, Pillen-Ösophagitis)StrahlenschädenInfektiöse Ösophagitis
Extrinsische Erkrankungen, die die Speiseröhre zusammendrücken Brusttumore (z. B. Lungenkrebs, Lymphome)Infektionen mit mediastinaler Lymphadenopathie (z. B., Tuberkulose, Histoplasmose)Gefäßanomalien (Dysphagie lusoria)
Erkrankungen, die die glatte Muskulatur der Speiseröhre oder ihre Innervation betreffen AchalasieSklerodermieAndere Motilitätsstörungen

Welches ist der geeignete anfängliche diagnostische Ansatz, um die spezifische Grunderkrankung zu identifizieren?

Antworten auf die folgenden Schlüsselfragen können die Bewertung und Behandlung von Patienten mit Dysphagie leiten.

  • 1. Gibt es Symptome einer oropharyngealen Dysfunktion? Eine oropharyngeale Dysphagie sollte bei Patienten vermutet werden, die über eines der folgenden Symptome klagen: (1) Schwierigkeiten, einen Schluckvorgang einzuleiten, (2) nasopharyngeales Aufstoßen, (3) Würgen und Husten beim Schlucken und (4) das Gefühl, dass nach dem Schlucken Reste im Pharynx verbleiben. Wenn eines dieser Symptome auffällig ist, kann die Untersuchung auf eine oropharyngeale Dysfunktion den Tests auf Ösophaguserkrankungen vorausgehen. Die Videofluoroskopie, bei der Schluckvorgänge mit Bariumsuspensionen und bariumbeschichteten Materialien aufgezeichnet werden, ist eine hervorragende Technik zur Beurteilung der Funktion des Oropharynx. Je nach vorherrschendem Symptom kann bei Patienten mit oropharyngealer Dysphagie eine Untersuchung durch einen Neurologen oder HNO-Arzt erforderlich sein.

  • 2. Besteht die Dysphagie bei fester Nahrung, Flüssigkeit oder beidem? Erkrankungen der Ösophagusschleimhaut und extrinsische komprimierende Erkrankungen verursachen eine Dysphagie durch Verengung des Ösophaguslumens. Solche Verengungen schränken im Allgemeinen die Passage von Flüssigkeiten nicht ein, so dass diese Erkrankungen typischerweise nur bei fester Nahrung Dysphagie verursachen. Dysphagie sowohl bei fester als auch bei flüssiger Nahrung deutet auf eine Motilitätsstörung der Speiseröhre hin, insbesondere auf eine Achalasie. Bei der Achalasie gibt es keine Peristaltik im Ösophaguskörper, um verschlucktes Material voranzutreiben, und es kommt zu einer anhaltenden Kontraktion des unteren Ösophagussphinkters, was zu einer vollständigen mechanischen Obstruktion des distalen Ösophagus führt.

  • 3. Wo nimmt der Patient wahr, dass verschlucktes Material hängen bleibt? Patienten mit Dysphagie aufgrund einer Läsion, die das Ösophaguslumen einengt, nehmen häufig wahr, dass verschlucktes Material auf oder über der Höhe der Läsion hängen bleibt. Es ist sehr ungewöhnlich, dass Patienten den Eindruck haben, dass verschlucktes Material deutlich unterhalb der Obstruktion hängen bleibt. Daher ist die Anamnese, dass die Nahrung oberhalb der suprasternalen Kerbe stecken bleibt, für die Lokalisierung der Obstruktion von geringem Wert, da diese Empfindung durch eine Läsion verursacht werden könnte, die sich überall vom Pharynx bis zum distalen Ösophagus befindet. Wenn der Patient die Obstruktion jedoch an einem Punkt unterhalb der suprasternalen Kerbe lokalisiert, ist die Dysphagie sehr wahrscheinlich auf eine Störung der Speiseröhre zurückzuführen.

  • 4. Ist die Dysphagie intermittierend oder progressiv? Ein unterer Ösophagusschleimhautring (Schatzki-Ring) verursacht typischerweise eine Dysphagie, die intermittierend und nicht progredient ist. Im Gegensatz dazu verursachen Ösophagusstrikturen in der Regel eine Dysphagie, die in Häufigkeit und Schweregrad zunimmt. Gutartige Strikturen schreiten in der Regel langsam voran (über einen Zeitraum von Monaten bis Jahren) und sind mit einem minimalen Gewichtsverlust verbunden. Bösartige Ösophagusstrikturen verursachen in der Regel eine rasch fortschreitende Dysphagie (über einen Zeitraum von Wochen bis Monaten) mit erheblichem Gewichtsverlust.

  • 5. Gibt es eine Vorgeschichte mit chronischem Sodbrennen? Sodbrennen ist das Kardinalsymptom der gastroösophagealen Refluxkrankheit (GERD), und chronisches Sodbrennen in der Anamnese deutet darauf hin, dass die Dysphagie auf eine Refluxösophagitis oder eine peptische Ösophagusstriktur zurückzuführen sein könnte. Sodbrennen ist jedoch nicht spezifisch für GERD, und auch Patienten mit Achalasie oder eosinophiler Ösophagitis leiden häufig unter diesem Symptom.

  • 6. Hat der Patient Medikamente eingenommen, die eine Pillen-Ösophagitis verursachen können? Eine Reihe von Medikamenten, die in Pillenform eingenommen werden, sind potenziell ätzend für die Speiseröhre und können bei längerem Kontakt mit der Speiseröhrenschleimhaut eine Ulzeration mit Strikturbildung verursachen. Häufige Ursachen für eine Ösophagitis in Pillenform sind bestimmte Antibiotika (z. B. Doxycyclin), Kaliumchloridpräparate, nichtsteroidale Antirheumatika (NSAIDs), Chinidinpräparate und Alendronat.

  • 7. Gibt es eine Vorgeschichte von Bindegewebserkrankungen? Bindegewebserkrankungen wie Sklerodermie, rheumatoide Arthritis und systemischer Lupus erythematodes sind häufig mit einer Dysmotilität der Speiseröhre verbunden.

  • 8. Ist der Patient immunsupprimiert? Infektiöse Ösophagitis tritt häufig bei Patienten auf, deren Immunsystem durch eine Infektion mit dem Humanen Immundefizienz-Virus, durch eine fortgeschrittene bösartige Erkrankung oder durch eine Organtransplantation mit Verabreichung starker immunsuppressiver Medikamente stark geschwächt ist. Die meisten Speiseröhreninfektionen werden durch einen oder eine Kombination von nur drei Organismen verursacht: Candida, Cytomegalovirus und Herpes-simplex-Virus. Odynophagie (Schmerzen beim Schlucken) ist in der Regel das vorherrschende Symptom bei Patienten mit infektiöser Ösophagitis, aber die meisten Patienten leiden auch an Dysphagie.

  • 9. Gab es in der Vergangenheit Notfallaufnahmen wegen Nahrungsmitteleinstülpungen? Obwohl praktisch jede der in Tabelle II aufgeführten Ösophagusschleimhaut- und extrinsischen Erkrankungen durch Nahrungsmittelimpaktionen kompliziert werden kann, ist diese Komplikation besonders charakteristisch für die eosinophile Ösophagitis. Darüber hinaus haben Patienten mit eosinophiler Ösophagitis häufig eine Vorgeschichte mit atopischen Erkrankungen wie Asthma, Ekzemen und allergischer Rhinitis.

Endoskopische Untersuchung

Eine endoskopische Untersuchung wird für praktisch alle Patienten mit Dysphagie empfohlen, bei denen eine ösophageale Ursache vermutet wird, um: (1) die Diagnose zu stellen oder zu bestätigen, (2) nach Hinweisen auf eine Ösophagitis zu suchen, (3) eine bösartige Erkrankung auszuschließen und (4) gegebenenfalls eine Therapie einzuleiten (z. B. eine Ösophagusdilatation).

Der Endoskopiker kann Biopsieproben von Ösophagusläsionen gewinnen, die die Diagnose von Neoplasmen oder bestimmten Infektionen ermöglichen. Die Endoskopie hat den Bariumschluck bei der anfänglichen Beurteilung der Dysphagie weitgehend verdrängt, und ein Bariumschluck ist bei den meisten Patienten mit Dysphagie überhaupt nicht erforderlich. Dennoch kann ein Bariumschluck in bestimmten Situationen hilfreich sein, insbesondere wenn versucht wird, die anatomischen Beziehungen zwischen der Speiseröhre und den umliegenden Organen darzustellen.

Die endoskopische Untersuchung

kann bei Patienten mit Dysphagie keine Anomalien aufzeigen. Die Rolle der empirischen Ösophagusdilatation bei solchen Patienten ist umstritten. In einer Reihe von Berichten wird behauptet, dass diese Praxis von Vorteil sein kann. Begrenzte, prospektive klinische Studien haben jedoch keinen eindeutigen Nutzen der empirischen Dilatation gezeigt, und die American Society of Gastrointestinal Endoscopy befürwortet diese Praxis nicht. Dennoch ist die empirische Ösophagusdilatation bei niedergelassenen Gastroenterologen nach wie vor eine gängige klinische Praxis.

Welche diagnostischen Maßnahmen sind zu ergreifen, wenn diese Erstuntersuchung nicht zur Identifizierung der Ursache führt?

Die Ösophagusmanometrie gilt im Allgemeinen als Goldstandard für die Diagnose von Ösophagusmotilitätsstörungen wie der Achalasie. In der Regel ist die Endoskopie der erste diagnostische Test für Patienten mit Dysphagie, und die Ösophagusmanometrie wird durchgeführt, um den endoskopischen Eindruck zu bestätigen, dass eine Motilitätsstörung vorliegt, oder wenn die Endoskopie keine mukosalen/mechanischen Anomalien zur Erklärung der Dysphagie ergibt.

Was ist die Evidenz?

Achem, SR, Devault, KR. „Dysphagia in aging“. J Clin Gastroenterol. vol. 39. 2005. pp. 357-71.

Bulat, RS, Orlando, RC. „Oropharyngeal dysphagia“. Curr Treat Options Gastroenterol. vol. 8. 2005. pp. 269-74.

Kahrilas, PJ, Smout, AJ. „Ösophageal disorders“. Am J Gastroenterol. vol. 105. 2010. pp. 747-56.

Olson, JS, Lieberman, DA, Sonnenberg, A. „Empirische Dilatation bei nicht-obstruktiver Dysphagie“. Dig Dis Sci. vol. 53. 2008. pp. 1192-7.

Pandolfino, JE, Fox, MR, Bredenoord, AJ, Kahrilas, PJ. „Hochauflösende Manometrie in der klinischen Praxis: Verwendung der Drucktopographie zur Klassifizierung von Ösophagusmotilitätsanomalien“. Neurogastroenterol Motil. vol. 21. 2009. pp. 796-806.

Spechler, SJ, Castell, DO. „Classification of oesophageal motility abnormalities“. Gut. vol. 49. 2001. pp. 145-51.

Spechler, SJ. „Medizinische Stellungnahme der American Gastroenterological Association zur Behandlung von Patienten mit Dysphagie, die durch gutartige Störungen des distalen Ösophagus verursacht wird“. Gastroenterology. vol. 117. 1999. pp. 229-33.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.