ReviewAnti-MOG-Antikörper: Die Geschichte, der klinische Phänotyp und die Pathogenität eines Serum-Biomarkers für Demyelinisierung
Myelin-Oligodendrozyten-Glykoprotein (MOG) ist ein Protein, das ausschließlich auf der Oberfläche von Oligodendrozyten und Myelin im zentralen Nervensystem exprimiert wird. MOG wird seit fast drei Jahrzehnten als mögliches Autoantigen und Ziel von Autoantikörpern bei der Demyelinisierung identifiziert, wobei seine Rolle in Mausmodellen der experimentellen Autoimmun-Enzephalomyelitis durch umfangreiche Literatur belegt ist. Grundlegende Studien mit murinen Anti-MOG-Antikörpern haben gezeigt, dass Antikörper, die auf Epitope von nativem MOG in seinem konformationellen Zustand abzielen und nicht auf linearisiertes oder denaturiertes MOG, biologisch relevant sind. Die Relevanz von Anti-MOG-Antikörpern beim Menschen war jedoch über die Jahre hinweg schwer zu entschlüsseln, da es unterschiedliche Nachweismethoden gab und man davon ausging, dass diese Antikörper klinisch mit Multipler Sklerose assoziiert sein würden. Inzwischen besteht ein internationaler Konsens darüber, dass Anti-MOG-Antikörper sowohl bei der pädiatrischen als auch bei der erwachsenen Demyelinisierung von Bedeutung sind, und die klinische Assoziation von MOG-Antikörper-assoziierter Demyelinisierung wurde dahingehend verfeinert, dass sie nun auch die akute disseminierte Enzephalomyelitis, die rezidivierende und bilaterale Sehnervenentzündung sowie die transversale Myelitis umfasst. Man geht heute davon aus, dass Anti-MOG-Antikörper nicht mit Multipler Sklerose bei Erwachsenen in Verbindung gebracht werden. Patienten mit MOG-Antikörper-assoziierter Demyelinisierung scheinen ein einzigartiges klinisches, radiologisches und therapeutisches Profil aufzuweisen, was einen großen Fortschritt in ihrer Diagnose und Behandlung darstellt. Es muss unbedingt geklärt werden, ob Anti-MOG-Antikörper tatsächlich pathogen sind und wenn ja, welche Wirkmechanismen sie haben. Da sich gezeigt hat, dass es bei der Bindung von MOG-Epitopen Unterschiede zwischen den Spezies gibt, sollte die Übertragung von Tierstudien auf die Demyelinisierung beim Menschen in diesem Zusammenhang analysiert werden. Weitere Arbeiten sind erforderlich, um die spezifischen Epitopbindungsstellen bei der menschlichen Krankheit und die pathogenen Mechanismen von Anti-MOG-Antikörpern sowie optimale therapeutische Strategien zur Verbesserung der Prognose und Minimierung von Behinderungen bei diesen Patienten zu ermitteln.