Einführendes Kapitel: Einblick in die OMICS-Technologien und die molekulare Medizin
Anwendungsbereich der OMICS-Technologie in der molekularen Medizin
Omik-basierte Ansätze wurden in letzter Zeit durch die Hinzufügung neuartiger Konzepte wie Exposome/Exposomics, die Untersuchung der Umweltexposition, erheblich verbessert, um die Rolle der Umwelt bei menschlichen Krankheiten zu entschlüsseln. Darüber hinaus wurde die Metabolomik/Lipidomik-Analyse zur umfassenden Erforschung des Metaboloms um die Adduktomik, die Untersuchung von Verbindungen, die die DNA binden und Schäden und Mutationen verursachen, und die Volatilomik, die Untersuchung flüchtiger organischer Verbindungen, erweitert. Das Exposom ist die Gesamtheit des Lebensstils und der Umwelteinflüsse einer Person, die noch nicht gut verstanden ist. Forscher des NIH, Dr. Chao Jiang und seine Kollegen, haben eine Methode entwickelt, um das „Exposom“ einer Person zu erfassen und zu kartieren – nach dem Konzept „Exposom des Menschen – jeder Atemzug, den man macht, zeigt, wo man wann gewesen ist“. Darüber hinaus haben sie ein tragbares, batteriebetriebenes Gerät entwickelt, das aus Sensoren, einem Sammelbehälter mit Filter und einer Pumpe besteht, die die menschliche Atmung simuliert, um die persönliche Umweltexposition verfolgen und quantifizieren zu können. Die Sensoren können verschiedene Partikel wie biologische Stoffe (Biotika), Chemikalien (Abiotika), Tabakrauch und Autoabgase erkennen. Sie haben mehr als 2500 Arten nachgewiesen, darunter Bakterien, Pilze, Pflanzen, Metazoen und mehr als 200 Viren. Eines davon wurde bemerkenswerterweise als „Brochosom“ bezeichnet, das in gewisser Weise wie Viruspartikel aussieht, in Wirklichkeit aber eine Art hydrophobes Protein/Lipid-Gemisch ist, das von Insekten als wasserdichter Mechanismus auf ihrem Körper gebildet wird.
Systembiologie kann als die Integration von auf „Omics“ basierenden Systemen definiert werden und ist ein hypothesengenerierender Ansatz, während die klassische Biologie hypothesengesteuert ist. Die Bioinformatik ist die Anwendung von Rechenwerkzeugen und Analysen zur Erfassung, Speicherung und Interpretation biologischer Daten. Die Bioinformatik konzentriert sich auf umfangreiche Daten/Informationen, die aus einer umfassenden oder globalen Bewertung einer Reihe von Molekülen gewonnen werden, und setzt dann Werkzeuge der Bioinformatik ein, um die multidimensionalen Datenmengen zu analysieren und Metabotypen, Proteotypen und DNA-RNA-Panel-Biosignaturen zu ermitteln.
Die Analyse von Multi-omics-basierten Technologien durch Systembiologie, Bioinformatik und Rechenleistung ermöglicht es uns, die Vielfalt von Krankheiten, die molekulare Heterogenität komplexer Pathologien, die am Krankheitsverlauf beteiligten Mechanismen und die Arzneimittelresistenz zu verstehen. In der Folge wurden Verbesserungen bei der Entwicklung von molekularbasierten Screening-, Früherkennungs- und Überwachungssystemen sowie personalisierten Behandlungsstrategien erzielt. Die integrative Identifizierung und Charakterisierung von Biomarker-Targets auf der Grundlage von Omics und ihre klinische Umsetzung sind für die Entwicklung umfassender Profile, Risikostratifizierung und künftiger zellorientierter Frühinterventions- und Therapiestrategien unerlässlich. Der erstmals vor einem Jahrzehnt eingeführte „Multi-omics“-Ansatz zur Krankheitsbekämpfung durch integrative Analyse einzelner „Omics-Plattformen“ war ein Paradigmenwechsel, der der personalisierten Medizin zugeschrieben wird. Auf diese Weise dokumentierten Chakraborty und Kollegen erfolgreich den „onco-multi-omics“-Ansatz in der Krebsforschung. Ein systembiologisch integrierter Hochdurchsatz-Multiomics-Ansatz wurde entwickelt, um die vollständige molekulare Biosignatur von Gesundheit und Krankheit zu verstehen.
Die genaue Bestimmung und Validierung krankheitsbezogener Biomarker erfordert die Entwicklung von Biorepository-Systemen mit einer großen Sammlung und Lagerung von Patienten-Bioproben wie Gewebe, Blut und anderen Körperflüssigkeiten sowie gut kommentierten klinischen und pathologischen Daten. Auf diese Weise ermöglichen Biorepository-Systeme die Integration von Grundlagen-, translationaler und klinischer Forschung, um die Entdeckung relevanter Biomarker und neuer personalisierter Diagnose-/Therapiestrategien auf der Grundlage zuverlässiger großer Probenmengen im Zusammenhang mit bestimmten Krankheiten zu ermöglichen. In einem anderen Aspekt wird in einem kürzlich erschienenen Nature-Leitartikel (2019) kritisch hervorgehoben, dass der Schwerpunkt auf der Untersuchung gesunder Personen im Biobanking liegt und nicht auf Menschen mit Krankheiten, um die genaue Definition von Gesundheit mit all ihren Erscheinungsformen besser zu verstehen. Projekte wie das „100K Wellness Project“ und das „The All of Us Research Program“ haben mit Hilfe von Proben gesunder Personen Sequenzierungsdaten der nächsten Generation erzeugt, um molekulare, lebensstilbezogene und umweltbezogene Messungen zu erhalten (http://allofus.nih.gov/), insbesondere für künftige Studien zur Entdeckung von Arzneimitteln.
Genomische Vielfalt und molekulare Heterogenität komplexer Krankheiten erschweren die Entdeckung von theranostischen, prognostischen und prädiktiven Biomarkern sowie deren Umsetzung in die personalisierte Medizin auf Einzelzellebene. In dieser Hinsicht bilden vielversprechende Einzelzellstudien ein weiteres aufstrebendes Konzept auf dem Gebiet der Molekularmedizin. Die Analyse auf Einzelzellebene wurde als entscheidend für eine bessere und präzise Anreicherung von Biomarkern im Zusammenhang mit der komplexen heterogenen Natur von Krankheiten angesehen. Die Omics-basierte Analyse auf Einzelzellebene umfasst die Ansätze Epi/Genomik, Epi/Transkriptomik, Epi/Proteomik und Metabolomik/Lipidomik. Diese Technologien erleichtern unser Verständnis von Variationen, Interaktionen, biologischen Funktionen und Krankheitsheterogenität auf Einzelzellebene und ebnen den Weg für ein intelligentes Gesundheitssystem auf der Grundlage personalisierter Medizin. In jüngster Zeit hat sich eines der heißesten Forschungsfelder herauskristallisiert: die molekulare Charakterisierung von zirkulierenden Biomarkern, die aus zirkulierenden Tumorzellen (CTCs), zellfreier DNA (cfDNA) und/oder Exosomen als Flüssigbiopsien bestehen, um das Krankheitsmanagement und die Krankheitsentwicklung in Echtzeit zu beurteilen. Exosomen wurden als Mikrovesikel (50-150 nm) beschrieben, die von einer Vielzahl von Zellen in den extrazellulären Bereich abgegeben werden. Exosomen enthalten intakte Oligonukleotide, Proteine und Metaboliten und wurden in einer Vielzahl von Bioflüssigkeiten identifiziert, darunter Serum, Urin, Plasma, Muttermilch, Speichel, Pleuraergüsse, bronchoalveoläre Lavageflüssigkeit, Augenproben, Tränen, Nasenspülflüssigkeit, Sperma, Synovialflüssigkeit, Fruchtwasser und Schwangerschaftsserum. Mit der Entwicklung von Hochdurchsatz-omics-Technologien hat sich die Flüssigbiopsie in den Mittelpunkt nicht-invasiver oder minimal-invasiver Anwendungen von leicht zugänglichen Bioflüssigkeiten zum Nachweis krankheitsassoziierter CTCs für Diagnose-, Überwachungs- und Therapieansätze gestellt. Die Isolierung, der Nachweis und die molekulare Charakterisierung von CTCs wurden bei einer Vielzahl von Krankheiten, vor allem bei Krebserkrankungen, durchgeführt. Aufgrund der in der Tumorbiologie beobachteten großen Heterogenität und Behandlungsresistenz ermöglicht die Charakterisierung von einzelligen CTCs die Erstellung klinischer Profile und die Entwicklung gezielter Behandlungsstrategien und deren Überwachung.
Molekularmedizinische Anwendungen haben nicht nur das grundlegende Verständnis der Krankheitsmechanismen verbessert, sondern auch zum Verständnis der Wirkmechanismen von Arzneimitteln, zur Identifizierung von theranostischen Zielen und damit zu einem Paradigmenwechsel in der Arzneimittelforschung beigetragen. Molekulare Theranostik kann definiert werden als Integration von Krankheitsdiagnose und -behandlung mit demselben molekularen Ziel. Vielversprechende Therapeutika und Impfstoffe auf Oligonukleotidbasis (DNA oder RNA) wie Gentherapie, DNA-Impfstoffe und RNA-Pharmazeutika wurden in den letzten zwei Jahrzehnten unter Verwendung von Antikörpern und Aptameren erfolgreich entwickelt. Für die DNA werden virale oder bakterielle Vektoren verwendet, und polymere Materialien wie Polymilch-Co-Glykolsäure (PLGA), Chitosan und Polyethylenimin (PEI) wurden für eine effiziente Übertragung eingesetzt. Aptamere oder Antikörper können mit theranostischen Biomarkern und Nanomaterialien konjugiert werden, um eine spezifische Ausrichtung zu ermöglichen. Zu den Anwendungen auf der Grundlage von Aptameren gehören die Bildgebung, die gezielte Verabreichung von Arzneimitteln und Behandlungen wie die gezielte Phototherapie, Gentherapie und Chemotherapie. Die Beschränkungen bei der nicht-toxischen spezifischen Ausrichtung und Verabreichung ermutigten die Forscher zur Verwendung von Arzneimittelträgern wie Liposomen und Nanopartikeln für die Verkapselung von Oligonukleotid-Therapeutika. Studien zu einigen Tumorarten, darunter Lunge, Bauchspeicheldrüse und Brust, haben erfolgreiche Ergebnisse mit eingekapselten Antisense-Oligonukleotiden gezeigt. RNA-Oligonukleotide, die die Antisense-Gen-Silencing-Technologie verwenden, haben vielversprechende Ergebnisse zur Hemmung der krankheitsbedingten mRNA-Genexpression erbracht. RNA-Therapeutika wie Antisense-RNA, small interfering RNA (siRNA) und anti-miRNA (anti-miR) sind vielversprechend für die Behandlung einer Reihe von Krankheiten, einschließlich chronischer komplexer Krankheiten. Darüber hinaus wurde ihre Wirkung in den verschiedenen Entwicklungsstadien von der präklinischen bis zur klinischen Phase III untersucht. Zu den größten Herausforderungen bei der effizienten Verabreichung gehören Biokompatibilität, Schutz vor Nukleasen, Verteilungsort und Persistenz. Peter und seine Kollegen haben Selbstmord/Killer-RNA-Moleküle (siRNA, shRNA, miRNA, siRNA+miRNA-Komplex) für zahlreiche Krebsarten identifiziert. Darüber hinaus haben sie gezeigt, dass spezifische toxische RNAi-aktive Sequenzen im Genom Krebszellen töten können. Rozowsky und Kollegen haben eine umfassende Analyseplattform für extrazelluläre RNA-Profile mit der Bezeichnung „exceRpt“ entwickelt.
Murillo und Kollegen haben eine exRNA-Atlas-Analyse erstellt und erforscht, wie RNA Informationen durch die Kommunikation von Zelle zu Zelle überträgt, die als extrazelluläre RNA oder exRNA bekannt ist. Darüber hinaus haben sie die Komplexität der Transportschritte für exRNA-Moleküle, die Arten, die Träger zwischen den Zellen, die Zielzellen und die Funktionen identifiziert und festgestellt, dass sogar die Art des Trägers einen Einfluss darauf hat, wie exRNA-Botschaften gesendet und empfangen werden, was auf potenzielle neue krankheitsassoziierte Biomarker und therapeutische Ziele hinweisen könnte. Bisher wurden in 13 Bioflüssigkeiten wie Plasma, Speichel und Urin in über 50 000 Proben von mehr als 2000 Spendern potenzielle Biomarker aus exRNA identifiziert, und zwar für fast 30 Krankheiten, darunter Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Erkrankungen des Gehirns und des zentralen Nervensystems, Schwangerschaftskomplikationen, Glaukom, Diabetes, Autoimmunerkrankungen und verschiedene Krebsarten. Somit könnten exRNA-Profile eine individualisierte Quelle für die personalisierte Behandlung verschiedener Krankheiten sein.
Beispiele für aktuelle und künftige Anwendungen in der Molekularmedizin können auch DNA/RNA-Chips, Peptid-/Antikörper-Arrays, Immunoassays auf Aptamer-/Antikorbasis und/oder Sensorsysteme für das Screening, die Diagnose und die Überwachung von Krankheiten sein. Es wurden molekulare Instrumente/Geräte wie Lab-on-Chips in Kombination mit Sensoren unter Verwendung von Mikroarray-Techniken entwickelt, die eine Patientenschichtung auf der Grundlage bestimmter klinischer und molekularer Merkmale vornehmen können. Diese Instrumente werden so bewertet, dass sie sehr niedrige Konzentrationen biochemischer Substanzen in der frühen Krankheitsphase erfassen und zu einer wirksamen/empfindlichen Behandlung führen und Über- bzw. Unterbehandlungen und Nebenwirkungen beseitigen bzw. reduzieren.