Diese Muskeln benutzt man beim Klettern

Apr 18, 2021
admin

Welche Muskeln beim Klettern beansprucht werden, ist am wenigsten bekannt. Das entsprechende Wissen für ein gezieltes Training sowie zur Verletzungsvorbeugung ist jedoch unerlässlich. Denn neben der Kraft der kletterrelevanten Muskeln ist die Stärkung der sogenannten Antagonisten (Gegenspieler) fast ebenso wichtig. Christoph Völker von target10 zeigt Ihnen, welche Muskeln beim Klettern beansprucht werden.

Ein Beitrag von Christoph Völker von target10a.com

Beim Klettern werden fast alle Skelettmuskeln des Körpers beansprucht – allerdings mit enormen Unterschieden in der Intensität. In der folgenden Abbildung sind Muskeln hervorgehoben, die beim Klettern eine hohe bis extreme Belastung erfahren.

Beanspruchte Muskeln beim Klettern
Die beim Klettern beanspruchten Muskeln: rot – extrem (90-100%), gelb – stark (50 bis 90%), blau – mäßig bis schwach (weniger als 50%)

Die in der Abbildung markierten Muskeln werden in der folgenden Beschreibung in drei Kategorien eingeteilt.

Primäre Muskulatur

Wenn man den Schlüsselfaktor des Kletterns verbessern will, muss man bei der primären Muskulatur anfangen.

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Die primäre Muskulatur

Fingerbeugemuskeln des Unterarms

Ein „stark genug“ gibt es bei den Fingerbeugemuskeln nicht! Diese wichtigsten Muskeln bringen nicht viel an Masse auf die Waage. Aber eine ständige Entwicklung der Maximalkraft sollte von jedem ambitionierten Kletterer angestrebt werden. Angst vor einer kontraproduktiven Gewichtszunahme durch Muskelaufbau brauchen Sie im Vergleich zu anderen Muskelgruppen nicht zu haben.

Aber mit der Kraft in diesen Muskeln allein, können Sie keinen Griff lange halten. Neben der Fußtechnik und dem Körpergewicht spielt auch die Biomechanik der Finger eine große Rolle. Deshalb sollte man sich nicht wundern, wenn gleich gute Kletterer manche Griffe unterschiedlich gut halten können.

  • Langer Daumenbeuger (Flexor pollicis longus)
  • Tiefer Fingerbeuger (Flexor digitorum profundus)
  • Superficialer Fingerbeuger (Flexor digitorum superficialis Muskel)
  • etc.

Typische Trainingsübung: Hängen am Griffbrett

Verwendung beim Klettern: alle Griffe halten (auch Risse, aber keine Kleidergriffe)

Latissimus und der große Rundmuskel

Der Latissimus und der große Rundmuskel sind die Hauptarbeiter für alle klimmzugähnlichen Bewegungen. Also das Hochziehen des Körpers mit den Armen. Der große Rundmuskel wird besonders zu Beginn der Bewegung beansprucht, wenn die Arme noch fast gestreckt sind. Der Latissimus ist ebenfalls ein sehr großer Muskel. Auch wenn ein gut entwickelter, starker Latissimus zum Klettern notwendig ist, muss man ihn im Gegensatz zu den Fingerbeugern nicht bis zum absoluten Maximum trainieren.

  • Latissimus (Musculus latissimus dorsi)
  • Großer Rundmuskel (Musculus teres major)

Typische Trainingsübung: Klimmzug

Verwendung beim Klettern: Immer dann, wenn die nach oben gestreckten Arme zum Körper gezogen werden

Sekundärmuskulatur

Die zweite Kategorie ist die Sekundärmuskulatur, die oft auch als synergistische stabilisierende Muskelgruppe bezeichnet wird. Zu dieser Muskelgruppe gehören folgende Bereiche.

Die sekundären Muskeln
Die sekundäre Muskulatur

Biceps Curl

Die Ellenbogenbeuger werden ähnlich wie der Latissimus für alle Klimmbewegungen beim Klettern eingesetzt. Allerdings leisten diese im Vergleich zum Latissimus weniger Arbeit. Die beim Klettern nach außen gedrehten Hände, der Bizeps, werden weniger beansprucht als der Brachialis und Brachioradialis. Der Brachialis liegt unter dem Bizeps und ist, mit wenig Körperfett versehen, auf der Oberarmseite zwischen Bizeps und Trizeps nur wenig sichtbar.

  • Armbeuger – Bizeps (Biceps brachii)
  • Brachialis (Brachialis)
  • Brachioradialis (Musculus brachioradialis)

Typische Trainingsübung: Klimmzug

Einsatz beim Klettern: Immer dann, wenn die nach oben gestreckten Arme zum Körper gezogen werden

Muskeln der hinteren Schulter, der Rotatorenmanschette und des Rückens

Auch diese Muskeln sind als Assistenten des Latissimus sehr wichtig für alle Klimmzugbewegungen. Sie helfen, das Schulterblatt zu stabilisieren und den Oberarm zum Körper hinunter zu ziehen. Interessant ist an dieser Stelle der Musculus subscapularis. Als stärkster Innenrotator des Schultergelenks könnte dieser auch einen großen Beitrag zum so genannten Kletterlongieren leisten.

Der Trapezius ist ein relativ großer Muskel und funktionell in drei verschiedene Teile (oben, Mitte, unten) unterteilt. Bei Klimmbewegungen wird nur der untere Teil des Trapezius stark beansprucht.

  • Hinterer Deltamuskel (Deltoidmuskel)
  • Unterer Knochenmuskel (Musculus infraspinatus)
  • Kleiner runder Muskel (Musculus teres minor)
  • Unterer Schulterblattmuskel (Musculus subscapularis)
  • Trapeziusmuskel (Trapeziusmuskel)

Typische Trainingsübung: Klimmzug

Verwendung beim Klettern: Immer dann, wenn die nach oben gestreckten Arme zum Körper gezogen werden

Alle Bauchmuskeln

Die Bauchmuskeln sind wesentlich für die viel zitierte Körperspannung beim Klettern. Je steiler das Gelände ist, desto wichtiger wird die Körperspannung.

  • Gerader Bauchmuskel (Musculus rectus abdominis)
  • Außerer schräger Bauchmuskel (Obligus externus abdominis)
  • Innerer schräger Bauchmuskel (Musculus obliquus internus abdominis)
  • Schräger Bauchmuskel (Musculus transversus abdominis)
  • Vorderer Sägezahnmuskel (Musculus serratus anterior)

Typische Trainingsübung: Hangwaage (Wie Sie die Trainingshangwaage machen, zeigen wir Ihnen hier)

Einsatz beim Klettern: Treten in steilem Gelände (Körperspannung)

Wadenmuskulatur

Die Wadenmuskulatur ist sicherlich kein kraftspezifischer Engpass in Bezug auf die Kletterleistung. Dennoch wird die Wadenmuskulatur im Zehenstand relativ gut trainiert. Beim Klettern in senkrechten, langen Routen noch mehr als beim Bouldern. Sie bilden eine Ausnahme für die unteren Gliedmaßen. Aktive Waden müssen nicht trainiert werden, um besser zu klettern.

Der „zweiköpfige Wadenmuskel“ und der M. soleus sind im anatomischen Sinne Beugemuskeln, das heißt, sie beugen den Fuß nach unten. Aus anatomisch-systematischen Gründen wird das, was jeder Mensch intuitiv als Streckung bezeichnen würde, als Flexion (Plantarflexion) bezeichnet.

  • Zwei-köpfiger Wadenmuskel (Musculus gastrocnemius)
  • Schollenmuskel (Musculus soleus)
  • Hinterer Schienbeinmuskel (Musculus tibialis posterior)
  • Langer Zehenbeuger (Flexor hallucis longus Muskel)
  • Langer Zehenbeuger (Flexor digitorum longus)

Brust- und Rautenmuskulatur

Für die folgenden Muskeln besteht Uneinigkeit darüber, wie stark der Einsatz beim Klettern ist. Meiner Meinung nach dürften diese Muskeln beim Klettern unterdurchschnittlich leistungsfähig sein. Sie sind daher potentielle Kandidaten für ein Kompensationstraining.

Brustmuskeln

Die Bauchmuskelfasern des Pectorialis major werden zur Unterstützung bei Klimmzügen eingesetzt, vor allem antagonistisch. Die Brustmuskulatur ist jedoch hauptsächlich für die Schubbewegungen der Arme zuständig und ist bei Kletterern eher unterentwickelt.

  • Muskel Pectoralis major (vorderer Brustmuskel)

Rhomboiden

Die Rhomboidenmuskeln sind nach meiner Analyse ebenfalls antagonistisch zu Klimmzugbewegungen. Sie werden bei Ruderbewegungen, die eher von unten nach oben gezogen werden, deutlich belastet. Aber auch beim Kreuzheben.

  • Großer Rautenmuskel (Musculus rhomboideus major)
  • Kleiner Rautenmuskel (Musculus rhomboideus minor)

Beispiele für selten beanspruchte Muskeln

Gelegentlich werden beim Klettern andere Muskeln etwas stärker belastet. Diese Klettersituationen sind aber zu selten, um den entsprechenden Muskel nachhaltig zu stärken.

Hüftbeuger: Wird vermutlich beim Anziehen der Kletterschuhe stärker beansprucht als beim Klettern selbst. Ausnahmen: Sehr hoher Einstieg und Auftreten in sehr steilem Gelände.

Beinbizeps (Oberschenkelbeuger): Hilft beim Einhaken. Es wird aber ein Konsens darüber bestehen, dass es keinen Sinn macht, den Beinbizeps gezielt zu trainieren, nur um beim Klettern besser haken zu können.

Quadrizeps und Gluteus Maximus: Wenn du z.B. in senkrechtem Gelände mit einem Bein treten musst, bis dein Bein komplett gebeugt ist. Wenn man aufstehen muss, dann braucht man Quadrizeps und Gluteus Maximus.

Der stärkste Muskel überhaupt: das Gehirn

Wolfgang Güllich hat das Gehirn zu Recht als den stärksten Muskel beim Klettern bezeichnet.

Der für Güllich wichtigste Muskel beim Klettern
Der wichtigste Muskel beim Klettern nach Wolfgang Güllich

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