[Anatomie und Funktion des vorderen Kreuzbandes]
Das vordere Kreuzband hat seinen Ursprung an der medialen Wand des lateralen Femurkondylus und setzt in der Mitte des interkondylären Bereichs an. Es trägt wesentlich zur Stabilisierung und Kinematik des Kniegelenks bei. Der Femurursprung ist oval und befindet sich im hinteren Bereich des lateralen Femurkondylus. Daher ist es schwierig, den Femurursprung arthroskopisch zu visualisieren. Dies könnte ein Grund für die anteriore Fehlpositionierung des Femurknochentunnels bei der Rekonstruktion des vorderen Kreuzbandes sein. Die Position des Femurursprungs liegt hinter dem Rotationszentrum des Kniegelenks; daher wird er bei gestrecktem Knie angespannt. Der Tibiaplatz ist oval und sein Zentrum liegt fast in der Mitte des Tibiaplateaus. Eindeutige Orientierungspunkte für die Platzierung des Tibiatunnels bei der Rekonstruktion des vorderen Kreuzbandes sind der Abstand zwischen dem zentralen Ansatzpunkt am interkondylären Boden und dem hinteren Kreuzband (7-8 mm) und dem vorderen Horn des Seitenmeniskus. Das vordere Kreuzband besteht aus mehreren kleinen Faserbündeln. Aus funktioneller Sicht kann man die anteromedialen und posterolateralen Faserbündel unterscheiden. Die anteromedialen Fasern sind bei einem größeren Bewegungsumfang angespannt als die posterolateralen Fasern. Der Hauptteil des vorderen Kreuzbandes besteht aus Kollagen Typ I-positivem, dichtem Bindegewebe. Die Längsfibrillen des Typ-I-Kollagens sind durch dünne Typ-III-Kollagen-positive Fibrillen in kleine Bündel unterteilt. Im distalen Drittel weicht die Struktur des Gewebes von der typischen Struktur eines Bandes ab. In diesem Bereich ähnelt die Struktur des Gewebes dem Faserknorpel. Zwischen den länglichen Kollagenfibrillen liegen ovale Zellen, die von einer metachromatischen extrazellulären Matrix umgeben sind. Der Femurursprung und der Tibiaansatz haben die Struktur einer chondralen Apophyse-Enthesis. In der Nähe der Verankerungsregion am Femur und an der Tibia sollten sich verschiedene Mechanorezeptoren befinden, die eine wichtige Funktion für die Kinematik des Kniegelenks haben könnten. Die Blutversorgung des vorderen Kreuzbandes erfolgt über die Arteria genicula media. Das Band ist von einer Synovialfalte bedeckt, in der die Endäste der mittleren und der unteren Genikulararterie ein periligamentäres Netzwerk bilden. Von der Synovialscheide aus durchdringen die Blutgefäße das Band in horizontaler Richtung und anastomosieren mit einem in Längsrichtung verlaufenden intraligamentären Netzwerk. Die Verteilung der Blutgefäße innerhalb des vorderen Kreuzbandes ist nicht homogen. Wir konnten drei avaskuläre Bereiche innerhalb des Bandes nachweisen: Die beiden faserig-kartilaginären Verwachsungen des vorderen Kreuzbandes sind frei von Blutgefäßen. Eine dritte avaskuläre Zone befindet sich in der distalen Zone des Faserknorpels neben dem Dach der Fossa intercondylaris.